Zahnbehandlung Pferd - Tierarztpraxis am Turm

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Zahnbehandlung Pferd
Alle Jahre wieder… warum Zahnbehandlung?

Obwohl Pferde deutlich weniger Probleme mit Karies oder Parodontose haben als wir, ist es wichtig, dass wir die Zähne unserer Vierbeiner einmal jährlich kontrollieren lassen. Dabei geht es nicht nur darum, dass die Pferde gut kauen können. Das Pferdegebiss hat für uns Reiter noch wichtige Aufgaben über das Zerkleinern von Nahrung hinaus. Denn nur ein gesundes Pferdegebiss kann optimal dem Zügel des Reiters nachgeben und auf Hilfen reagieren. Auch das Fallenlassen des Kopfes sowie Stellung und Biegung des Halses arbeiten Hand in Hand mit Zähnen in optimaler Stellung.
Braucht mein Pferd eine Zahnbehandlung?

Grundsätzlich ist es ratsam, Pferde einmal jährlich dem Tierarzt zur Zahnkontrolle vorzustellen, um kleine Probleme rechtzeitig zu entdecken und zu behandeln, bevor sie zu großen Problemen werden. Doch es gibt natürlich sichere Zeichen, dass eine Zahnbehandlung nötig sein könnte:
  • Das Pferd frisst mäkelig und lässt immer wieder einen Teil liegen
  • Ein Teil des Kraftfutters fällt beim Fressen ständig aus dem Maul
  • Das Heu fällt beim Fressen als Wickel gerollt wieder auf dem Maul
  • Starke Gewichtsabnahme trotz guter Futteraufnahme
  • Das Pferd kaut komisch, einseitig oder asymmetrisch
  • Es kommt wiederholt zu Verstopfungskoliken oder Schlundverstopfung
  • Es gibt unerwartete Probleme beim Reiten (Kopfschlagen, Steigen, Gebiss verweigern, gegen den Zügel gehen, Biegeprobleme in eine Richtung)
  • Mundgeruch
  • Im den Äpfeln finden sich viele unzerkaute Körner oder strukturiertes Heu
  • Starker Speichelfluss
Was passiert bei einer Zahnbehandlung?

Eine ordentliche Zahnbehandlung ist weit mehr als nur das Abraspeln von Zahnhaken. Folgende Dinge wird der Tierarzt bei der Behandlung untersuchen und bei Bedarf behandeln:
Ist das Zahnfleisch gesund oder verstecken sich irgendwo Entzündungen, Wunden oder Verletzungen?
Stehen alle Zähne ordentlich in Reihe? Gibt es Lücken?
Sind alle Zähne intakt oder ist irgendwo etwas abgebrochen oder gar ein Zahn ganz durchgebrochen?
Gibt es Wolfszähne?
Gibt es Karies, Parodontose, Zahnstein oder ähnliche Probleme?
Haben sich die Zähne ordentlich abgenutzt oder gibt es Spitzen oder Haken, die Backe oder Zunge verletzen?
Ist die Winkelung der Kauleisten optimal?
Sind alle Zähne auf gleicher Höhe oder versteckt sich zwischendrin ein längerer oder kürzerer Zahn?
Stehen alle Zähne in Reihe oder ist einer nach außen oder innen weggekippt?
Sind die Schneidezähne gleich lang und nicht zu lang?

Je nachdem, welche Probleme hier nun auftauchen, werden sie entsprechend behandelt. Haken und Spitzen werden weggefeilt – mit der Hand oder der Maschine. Wolfszähne werden gezogen, Schneidezähne eventuell gekürzt. Es kann vorkommen, dass nicht alle Probleme in einer Sitzung korrigiert werden können. Oder es ist ratsam, die Zähne Ihres Pferdes halbjährig zu behandeln.
Zudem gibt es Probleme, die nicht an Ort und Stelle im Stall, sondern besser in einer Klinik behandelt werden. So ziehen wir z.B. die Backenzähne nur im Ausnahmefall im Stall. In der Regel werden wir Sie dafür in die Klinik schicken, wo sterile Bedingungen bestehen und Ihr Pferd anschließend unter Bewachung steht.
Warum sedieren?

Außer in Ausnahmefällen werden wir für jede Zahnbehandlung Ihr Pferd sedieren. Die dabei verwendeten Medikamente stellen das Tier nicht nur ruhig, sie nehmen auch den Schmerz über mehrere Stunden. Für die unbedingte Sedierung gibt es mehrere Gründe:  
Wir arbeiten mit scharfen Instrumenten und auch wenn Ihr Pferd außergewöhnlich brav ist – es braucht sich nur zu erschrecken und sich und den Tierarzt verletzen.
Der letzte Backenzahn sitzt kaum 1 cm vor dem Kieferwinkel. Um das Gebiss „bis zum letzten Zahn" untersuchen zu können und mit der Maschine dorthin zu kommen, muss das Maul mit dem „Maulgatter" sehr weit geöffnet werden. Doch wer seinen Mund mal ganz weit aufmacht merkt, dass das nicht so angenehm ist. Mit der Sedierung relaxen die Muskeln und die Pferde merken nicht, dass sie teilweise bis zu einer Stunde das Maul so weit offen haben müssen.
Am diesem letzte Backenzahn bildet sich besonders im Unterkiefer oft ein scharfer Haken direkt vor der weichen Haut des Kieferwinkels. Oft gibt es hier beim Wegfeilen dieser Haken kleine Verletzungen, die auch schmerzhaft sein können. Eine Sedierung lindert die Schmerzen.
Ob mit der Maschine oder mit der Hand: Das Raspeln der Zähne ist sicher nicht immer angenehm – besonders wenn ein Zahn gekürzt werden muss, was länger dauert.
Manche sogenannten „Dentisten" ziehen sogar Zähne ohne Sedierung. Dazu gibt es eigentlich nicht viel zu sagen!
Die häufigsten Zahnprobleme in Kurzform

Zahnspitzen
Pferde zerreiben ihr Futter mit den Backenzähnen. Dazu bewegen sie den Unterkiefer im Kreis auf und zu – mal links, mal rechts herum. Die Stärke, mit dem sie das tun, der „Ausschlag" des Unterkiefers variiert aber mit der Härte des Futters.
Unsere Pferde sind von Natur aus Steppentiere, die hauptsächlich trockenes, hartes Gras kauen mussten. Dazu bedürfte es harten Zähnen und einem weiten Kauausschlag.
Das Futter, das wir unseren Pferden füttern, besteht fast ausschließlich aus weichen Bestandteilen – Heu, Gras, Hafer. Um das zu zerkleinern, braucht es deutlich weniger Arbeit und damit auch einen weit geringeren Kau-Ausschlag. Das führt dazu, dass an den Außen- oder Innenseiten scharfe Spitzen entstehen. Diese können zu Verletzungen führen. Sie müssen regelmäßig entfern werden.

Zahnhaken
Zahnhaken gibt es meistens am vordersten Backenzahn im Oberkiefer oder am hintersten unten. Wenn die Zahnleisten oben und unten nicht korrekt aufeinander stehen, bilden sich diese Haken über Monate oder Jahre. Oft werden nur die vorderen Haken korrigiert und die hinteren übersehen, weil schwer dran zu kommen ist (direkt vor Kieferwinkel). Werden sie jedoch sehr lang, kann das zu Verletzungen und Entzündungen führen. Diese Haken sollten regelmäßig entfernt werden.

Wellen- oder Stufengebiss
Bei einem Wellengebiss sind die Zähne von Ober- und Unterkiefer unterschiedlich hoch, anstatt auf einer Länge zu sein. Ursache können hier z.B. unregelmäßiger Verlust der Milchzähne oder auch Milchzahnkappen sein, die nicht verloren wurden. Oder aber das Material der Zähne ist unregelmäßig hart. Probleme macht das z.B. beim Kauen mit gesenktem Kopf (Reiten!), denn dann passen die Zähne nicht mehr aufeinander. Ein Wellengebiss muss sehr vorsichtig und in mehreren Sitzungen korrigiert werden.

Meisselzahn
Bei einem Meisselzahn handelt es sich um einen einzelnen Zahn, der länger ist als alle umstehenden. Sie entstehen z.B., wenn der gegenüberliegende Zahn fehlt und somit der Meisselzahn ungehindert nachschieben kann. Er muss sehr vorsichtig und oft in mehreren Sitzungen gekürzt werden, um die Wurzelhöhle nicht zu eröffnen.

Scherengebiss
Das Scherengebiss kommt häufig bei älteren Pferden vor. Es bedeutet, dass die Zahnleisten zu stark gewinkelt sind und somit sehr hohe und scharfe Spitzen stehen bleiben. Die Haken müssen entfernt und die Winkelung sollte Korrigiert werden.

Kreuzgebiss
Unter Kreuzgebiss versteht man die schräge Abnutzung der Schneidezähne. Auch das führt zu Problemen beim Kauen und sollte korrigiert werden.

Wolfszähne
Wolfszähne kommen im Ober- und Unterkiefer vor. Es handelt sich um den ersten Backenzahn, der im Laufe der Evolution eigentlich verschwunden ist. Nur bei einigen Pferden ist er in Form der Wolfszähne vorhanden. Da diese Zähne jedoch beim Reiten durch Kontakt mit dem Gebiss Probleme machen, solltenn sie beim jungen Pferd entfernt werden.

Karies
Auch Karies kommt bei Pferden vor und zwar am häufigsten im Oberkiefer. Da häufig schon die Wurzelhöhle eröffnet ist, müssen die betroffenen Zähne meist gezogen werden. Eine Füllung ist nur möglich, wenn das Problem frühzeitig entdeckt wird. Zum Glück ist dies ein seltener auftretendes Problem.
Zahnarzt zum Patienten: "Ich bin fast doppelt so alt sie Sie und habe dennoch viel bessere Zähne!" Darauf der Patient: "Vielleicht haben Sie einen besseren Zahnarzt als ich?"
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