Impfen - ja oder nein? - Tierarztpraxis am Turm

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Impfungen - ja oder nein?
Impfung - ja oder nein?

Wir werden immer wieder von Kunden gefragt, ob impfen wirklich notwendig ist. Viele Hunde- und Katzenbesitzer lehnen impfen sogar von vornherein ab. Argumente wie „meine Tiere sind seit Jahren gesund – auch ohne Impfung“ oder „das jährliche Impfen ist das nur eine Kapitalmasche der Tierärzte“ werden genannt. Andere haben Angst, dass die Nebenwirkungen der Impfungen schlimmer seien als der Nutzen.

Wir können nur eine klare Antwort geben: Ja, Impfung ist sogar sehr wichtig! Heutzutage sind nur deshalb so viele ungeimpft herum laufenden Tiere gesund, weil die anderen alle seit Jahrzehnten geimpft sind. Impfung schützt nicht nur, sie rottet auch Krankheiten aus. Ohne Impfung würden wir Menschen nach wie vor von Pocken und Pest heim gesucht, unsere Kinder würden reihenweise an Kinderlähmung erkranken und unsere Hunde würden an Staupe und anderen Krankheiten, die Katzen an Katzenseuche sterben.

Somit sind alle Impfverweigerer Nutznießer der fleißigen Impfer. Dafür wollen wir uns hiermit bei unseren Tierbesitzern bedanken. Danke, dass Ihr uns helft, das Auftreten der wirklich gefährlichen Infektionskrankheiten klein zu halten.

Denjenigen aber, die nicht impfen, möchten wir an Herz legen, ihre Einstellung zu überdenken. Denn leider führt die aufkommenden Impfträgheit dazu, dass es in den letzten Jahren trotz guter Impfstoffe immer wieder zu Durchbrüchen von Staupe und anderen Krankheiten kam. Und vermutlich ist das Jammern erst dann groß, wenn der eigene ungeimpfte junge Hund erkrankt und stirbt.



Wie wirken Impfungen?


Impfungen schützen vor Infektionskrankheiten, indem sie das kopieren, was die echten Krankheitserreger auch tun – aber ohne krank zu machen.
Dringt ein Krankheitserreger – ob Bakterien oder Viren – in einen Körper ein, reagiert der Körper mit zwei unterschiedlichen Abwehrsystemen. Das eine ist recht ungenau, aber schnell. Es hält die Erreger in Schach, bis das zweite, langsamere, aber viel spezifischere System in der Lage ist, die Erreger endgültig zu vernichten. Dieses zweite, sehr effektive System macht man sich bei einer Impfung zu Nutze. Und das geht so:

Das Immunsystem „liest“ bestimmte Oberflächenstrukturen der Erreger ab und baut – deshalb dauert es etwas, bis das System mit der Abwehr beginnt – Abwehrkörperchen, die wie ein Schlüssel ins Schloss genau auf diese Oberflächenstrukturen passen. Diese Abwehrkörper setzen sich dann auf die Oberfläche der Erreger, verkleben sie oder infizieren sie mit „Giften“ und zersetzen sie. Auf diese Weise können sich die Erreger nicht mehr vermehren und keinen Schaden anrichten. Zudem stellt das Immunsystem sogenannte „Gedächtniszellen“ her, die lange, teilweise noch Jahre bis zu einem Leben lang im Blut zirkulieren. Dringt der gleiche Erreger erneut in den Körper ein, erkennen die Gedächtniszellen diesen und können dann so schnell spezifische Abwehrstoffe herstellen, dass die Erreger erst gar keine Krankheit auslösen können. So etwa funktioniert das z.B. bei den Masern, die man nur einmal bekommen kann. Danach ist der Körper immun gegen den Erreger.

Die Pharma-Industrie baut nun für ihre Impfstoffe in komplizierten Verfahren Teile oder harmlose Kopien der echten Krankheitserreger nach. Diese sind gar nicht oder nur schwach infektiös, leiten aber genau die gleiche, lange Abwehrkette ein inkl. der Gedächtniszellen, die anschließend eine Weile vor der entsprechenden Krankheit schützen.

Wie lange diese schützen, ist von Erreger zu Erreger unterschiedlich. Wie beim Menschen gibt es kurz wirksame Impfungen (etwa Grippe beim Menschen) und länger wirksame Impfungen (z.B. Tetanus beim Menschen). So weiß man, dass eine Impfung gegen Tollwut bei Hunden bis zu drei Jahren schützt, eine Leptospirose-Impfung aber nur ein Jahr.
In welchen Abständen man Tiere impfen sollte, erfahren Sie im nächsten Kapitel.



Jährliche Impfung – ist das nötig?

Wie im Kapitel „Wie funktioniert eine Impfung“ beschrieben, unterscheidet sich die Länge der Schutzwirkung verschiedener Impfungen stark.
Leider werden mehr und mehr unqualifizierte Stimmen laut, die jährliche Impfung von Tieren sei nur Geldschneiderei der Tierärzte. Sie sagen, in Wirklichkeit würden die Impfungen alle jahrelang halten – allerdings ohne belegen zu können, wie lange. So überreden sie Tierbesitzer, nur noch unregelmäßig zu impfen. Das Problem ist aber: Sind zu wenig Gedächtniszellen im Körper, erkrankt das Tier am Ende doch. Somit gibt es immer mehr Krankheitsdurchbrüche bei diesen schlecht geimpften Tieren. Erschreckenderweise halten sogar einige Tierärzte diese Fahne hoch und richten damit großen Schaden an.
Dennoch ist die These, dass Impfungen länger halten können als ein Jahr, nicht falsch. Doch leider gibt es oft einfach zu wenige wissenschaftliche Arbeiten, die klar beweisen, wie viele Jahre die „Titer“ (Anzahl der funktionierenden Abwehrzellen) ausreichend vorhanden sind und wie hoch die Zahl dieser Abwehrzellen sein muss, um sicher zu schützen. Deshalb ist man erst mal auf Nummer sicher gegangen und hat jährlich geimpft, um auf jeden Fall auf der sicheren Seite zu sein. Verträgt ein Tier eine Impfung gut, schadet der jährliche Rhythmus nicht, schließlich ist der Körper gut geschützt und kann sich gegen den Angriff der Impferreger gut wehren.
In den letzten Jahren aber haben die Forschungsarbeiten zum Thema Impfungen zugenommen und mehr und mehr Erkenntnisse haben unsere Impfrhythmen verändert. Allerdings nicht nur in die eine, sondern auch in die andere Richtung. So hat man z.B. festgestellt, dass sowohl bei Tollwut, als auch bei der Leptospirose des Hundes die bisher ein- bzw. zweimalige Grundimpfung bei vielen Tieren nicht ausgereicht hat, um eine gute Gedächtniszellen-Antwort zu produzieren. Deshalb hat man die Zahl der Grundimpfungen auf drei erhöht.
Andererseits hat man festgestellt, dass sowohl die Tollwutimpfung als auch viele der anderen Hundeimpfungen bei einem so geringen Infektionsdruck wie in Deutschland tatsächlich bis zu 3 Jahren vorhalten. Daraufhin hat der BPT eine neue Impfempfehlungherausgebracht. Deshalb haben auch wir unseren Impfrhythmus auf 3 Jahre verlängert. Für Leptospirose und Zwingerhusten allerdings ist erwiesen, dass der Schutz nur ein Jahr hält und somit nach wie vor eine jährliche Auffrischung sinnvoll ist.
Katzen werden nach wie vor jährlich gegen Seuche und Schnupfen geimpft, während Leukose ebenfalls nur alle drei Jahre geimpft wird. Ab dem 12. Lebensjahr ist die Wahrscheinlichkeit einer Katze, noch an Leukose zu erkranken, so gering, dass gar nicht mehr geimpft werden muss.
Eine Tabelle mit unseren Impfintervallen erhalten Sie in unserer Praxis oder auf der Internetseite der BPT (Leitlinien zu empfohlenen Impfintervallen bei Hunden/Katzen).



Impfung und ihre Nebenwirkungen

Viele Tierbesitzer haben Angst vor Impfungen und ihren Nebenwirkungen. Und es werden – nicht nur in der Tiermedizin – immer wieder Stimmen laut, dass man von Impfungen absehen sollte, da die verwendeten Hilfsstoffe sogar zum Tode führen können.
Auch wenn in meiner nunmehr zehnjährigen Praxis bei uns noch kein einziger tödlicher Impfvorfall passiert ist – ja noch nicht einmal eine andere ernsthafte Nebenwirkung aufgetreten ist, stimmt es: Impfungen können Nebenwirkungen hervorrufen. Diese sind in der Regel harmlos. Doch es gibt auch Fälle, in denen eine allergische Reaktion auf die Impfung zum Tode führt – das ist in der Humanmedizin nicht anders. Die Probleme bereiten hier meistens die Hilfsstoffe, die in den Impfstoffen verwendet werden, die sogenannten „Adjuvantien“. Die anderen Nebenwirkungen kommen oft von den verwendeten Erregern (siehe Kapitel „Wirkung der Impfung“), die das Immunsystem zur Arbeit anregen und zu Fieber, Magen-Darm-Erkrankungen oder unklaren Symptomen wie Schüttelfrost, Ausschlag, Abgeschlagenheit oder Appetitlosigkeit führen. All diese Symptome verschwinden in der Regel nach 24 Stunden von selbst wieder. Nur selten muss ein Tierarzt um Hilfe gebeten werden.
Um nun aber die Gefahr einer Impfung im Verhältnis zu ihrem Nutzen abzuschätzen, muss man sich ein paar Zahlen anschauen. In Deutschland gab es 2014 1,2 Millionen Hunde. Dem Paul-Ehrlich-Institut wurden im gleichen Jahr 27 tödliche Zwischenfälle nach Impfungen gemeldet, wobei nicht gesichert ist, dass die Ursache in allen Fällen tatsächlich die Impfung war. Somit liegt die Zahl der tödlichen Vorfälle bei unter 0,05 %. Im letzten Jahr wurden dem LVI Braunschweig 116 Staupe infizierte Tiere eingesendet. Allein in Berlin sind 30 % aller Füchse Staupe positiv. Unsere Hunde können sich bei allen Wildtieren anstecken, die Staupeträger sind. Dazu zählen neben Füchsen auch Waschbären, Dachse, Marder, Wiesel und Iltisse. Leider liegen uns keine Zahlen zu Todesfällen bei Hunden mit Staupeinfektionen vor. Sollte jedoch die Impfträgheit weiter zunehmen, ist zu erwarten, dass in den Zukunft jährlich weit mehr Hunde an Staupe versterben werden, als in den letzten zehn Jahren an Impfzwischenfällen. Und dabei reden wir noch nicht von den anderen 5 Krankheiten, die regelmäßig beim Hund geimpft werden.
Also auch hier unser Plädoyer: Lasst Eure Hunde impfen, helft uns, die viele tödlichen Krankheiten so stark wie möglich einzudämmen, damit unsere Lieblinge gesund bleiben.
"Muss ich meine Tiere eigentlich impfen lassen?" "Nein, nur wenn Sie sie behalten wollen!"
Hier finden Sie unseren Blog. Tierärzte schreiben über ihren Job - die reine Wahrheit. Viel Spaß beim Lesen.
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